Fallbeispiel, Student, 20 Jahre

Was hat Sie dazu bewegt, sich Hilfe zu suchen?

Ich habe bei mir selbst Veränderungen bemerkt, manche - ich nenne sie mal Symptome - habe ich schon seit Jahren mit mir rum getragen. Ich war hin und wieder, aus unerklärlichen Gründen, innerlich unruhig. Das Gefühl ist vergleichbar mit Prüfungsangst, oder wenn einem vor einem Date etwas mulmig wird. Vor allem in öffentlichen Verkehrsmitteln kam dieses Gefühl auf. Ich war auch antriebsloser als früher. Der innere Schweinehund war oftmals nicht zu überwinden. Ich hatte das Gefühl, dass es in meinem Leben nur Hoffnungslosigkeit gäbe. Glückliche, schöne Momente sind jeweils nur von kurzer Dauer und gehen immer wieder vorüber und dafür zieht die Hoffnungslosigkeit - früher oder später - wieder ein. Es hat sich so angefühlt, als würde ich mich von Woche zu Woche durchbeissen müssen. Ich ertrug mein Leben, bzw. den Zustand in welchen ich mich befand. Ich hatte mein Leben nicht mehr gelebt, sondern nur noch ertragen. Ich habe nur noch von Ausgang zu Ausgang gelebt, weil es dazwischen nichts Schönes gab. Es kamen mir auch Gedanken, dass Suizid als letzter Ausweg eine Option wäre. Ich hatte zwar nie konkrete Pläne, und habe es auch nie versucht, aber der Gedanke kam mir immer mal wieder. Mir wurde irgendwann klar: so kann ich eventuell weitere Tage, Wochen oder Monate erdulden. Jahrzehnte wollte und könnte ich diesen Zustand aber nicht aushalten.

In letzter Zeit kam dann noch dazu, dass ich hin und wieder Panikattacken bekommen habe. Ich hatte in solchen Momenten das Gefühl, dass ich mich in meinen Gedanken verlieren würde. Der Körper existiert in dieser Welt zwar noch, aber es ist so, als ob die Gedanken sich vom Körper losfesseln könnten. Es fühlte sich an als würde ich mich in meinen Gedanken verlieren, mich von der Welt isolieren. Es fühlte sich so an, als ob der Körper als leeres Gefäss zurückbliebe, so kam die Angst, für immer in diesem Käfig der Gedanken, ohne Möglichkeit mit der Welt zu kommunizieren gefangen zu sein, dazu. Ich habe dann versucht, mich mit aller Konzentration, in der realen Welt festzuhalten und durch Konversationen und Interaktionen mit meinen Mitmenschen um nicht nur physisch, sondern auch psychisch da zu bleiben. Trotzdem hatte ich das Gefühl mit den Gedanken „weg zu fliegen“. Irgendwann sind diese Symptome so stark geworden, sodass mich die Gedanken, dass ich diesen Zustand nicht mehr lange ertragen könnte, schliesslich dazu bewogen haben professionelle Hilfe zu holen. Denn ich habe festgestellt, dass ich das alleine nicht überwinden könnte.

Wie sind Sie zu uns gekommen?

Ich studiere an der Universität Basel und wollte erst mal über die Uni Hilfe suchen, da ich angenommen habe, dass die Uni entsprechende Dienstleistungen (evtl. auch kostengünstiger) zur Verfügung stellt. Aber als ich „Uni & Psychotherapie“ googlete, kam ich bloss auf die Seite der psychologischen Fakultät. Schliesslich fand ich die Kontaktdaten des Uni Seelsorgers, welcher mich dann zur psychologischen Studentenberatung weiter geleitet hat. Bei der psychologischen Studentenberatung meinte die Dame, welche mich ausgefragt hat um erste Daten über mich zu ermitteln, dass ich eventuell an Schizophrenie leiden könnte oder zumindest ein Risiko dafür und hat mich dann aus diesem Grund zu FePsy geschickt.

Dass sie die Krankheit Schizophrenie erwähnt hat, hat mir ziemlich Angst gemacht. Ich hatte ohnehin schon das Gefühl, dass etwas mit mir nicht stimmt und Angst verrückt zu werden. Als sie dann noch explizit die Krankheit „Schizophrenie“ erwähnte, dachte ich, dass ich eine unheilbare Krankheit mit schlimmen Folgen habe, bzw. daran eines Tages leiden könnte. Ehrlich gesagt konnte ich mir darunter jedoch nichts Genaues vorstellen. Ich kannte bloss die wahrscheinlich allgemeine Assoziation mit Schizophrenie und zwar die Persönlichkeitsspaltung wie sie beispielsweise „Gollum“ aus „Herr der Ringe“ hat. (A.d.R.: siehe die Seite „Symptome“ um zu erfahren was Schizophrenie wirklich bedeutet). Als ich dann das erste Mal hierher gekommen bin, hatte ich vor allem Schiss und wollte in erster Linie endlich wissen, was denn nicht mit mir stimmt. Natürlich habe ich gehofft, dass ich nicht an Schizophrenie oder Ähnlichem leide.

Wie haben Sie die Abklärung hier erlebt?

Die Untersuchungen hier haben ziemlich lange gedauert, einfach weil es doch viele Faktoren gibt, welche berücksichtigt werden. Aber das muss wohl so sein, da es anders ja (noch) nicht geht. So brachte ich einen Test nach dem anderen hinter mich und hoffte das Beste. Mehr konnte ich schliesslich nicht machen, ausser auf die Testergebnisse zu warten. Schlussendlich war ich dann einfach erleichtert, als mir die Ergebnisse mitgeteilt wurden, dass ich nicht krank bin. Es bestünde bloss eine kleine Wahrscheinlichkeit, dass ich eine Krankheit entwickeln kann.

Wie geht es Ihnen seit Sie von uns erfahren haben, dass Sie ein erhöhtes Risiko haben, an einer Psychose zu erkranken?

Der Moment als mir gesagt wurde, dass ich nicht verrückt bin, sondern einfach ein etwas höheres Risiko habe, eine psychotische Erkrankung zu entwickeln, war ehrlich gesagt gar kein grosser Moment für mich. Es war nicht wie bei der Matura, als es hiess, dass ich bestanden habe. So ein Gefühl, dass ich die ganze Welt umarmen könnte kam nie auf. Ich habe mich zu dieser Zeit schon erheblich besser gefühlt, durch die regelmässigen Termine hier und das war für mich das Wichtigste.

Wie hat Ihre Umwelt auf die Abklärung hier und die Diagnose reagiert?

Ich habe es anfangs ein paar Leuten, denen ich vertraute, erzählt. Ich erzählte ihnen, dass ich regelmässig her komme und aus welchem Grund. Zu meinem Erstaunen haben alle positiv reagiert und mich unterstützt. Es hat mir gut getan zu merken, dass die Leute hinter mir stehen, auch wenn es mir schlecht geht. Umso mehr tat mir das gut, weil ich zu der Zeit, als es schlechter wurde, nur wenig Kontakt zu anderen Mitmenschen hatte. Ich will hier an dieser Stelle nicht zu tief ins Detail gehen und nur das Wichtigste rausstreichen: Nämlich, dass ich persönlich vermute, dass die Einsamkeit, bzw. die Angst vor der Einsamkeit vor allem mich überhaupt erst in das Loch getrieben hat.

Was würden Sie anderen in Ihrer Situation raten?

Überwinde deinen inneren Schweinehund, auch wenn der riesig erscheinen mag! Unternimm aktiv etwas, um aus dem Loch heraus zu kommen, egal ob du es alleine, mit Freunden oder professioneller Hilfe versuchst, mach etwas. Aus meiner Erfahrung kommt man da nicht einfach so raus und es ist wichtig, aktiv etwas zu unternehmen. Hör auf deinen momentan nicht lebenswerten Zustand zu ertragen und unternimm etwas dagegen. Das Leben hat auch schöne Seiten, auch wenn sie sich einem in diesen dunklen Momenten zunächst nicht offenbaren mögen. Es gibt sie, diese schöne Seiten! Habe den Mut nach diesen zu greifen. Bei mir war das auf jeden Fall der richtige Schritt in die richtige Richtung.

Auch wenn du es eventuell nicht für möglich halten wirst, bist du nicht alleine mit den Symptomen. Auch ich habe zunächst gedacht, dass ich der einzige Mensch mit so abnormalen Gedanken und Symptomen wäre. Aber das stimmt nicht.

Es ist auch wichtig, dass es nicht hoffnungslos bleiben muss, denn es gibt auch wieder bessere Tage. Heute bin ich an einem Punkt, wo ich behaupten kann, dass es bergauf geht und dass ich auch langfristig, nicht nur für kurze Momente, im Alltag Glück verspüre. Ich merke, dass die Emotionskälte nachlässt und ich wieder fähig bin, mehr Gefühle zu verspüren. Das Gefühl oder der Gedanke das Leben bloss zu ertragen und mich von Tag zu Tag durchbeissen zu müssen weicht immer mehr dem Gefühl das Leben auch auskosten und geniessen zu können.

Was ist eine Psychose?

Kontakt

Frühinterventions- und Psychoseambulanz
Kornhausgasse 7
CH-4051 Basel
(Lageplan)

Tel. +41 61 325 81 81
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