Fallbeispiel, Maler-Lehrling
Fabio* war überglücklich, als er mit 16 Jahren endlich die obligatorische Schulzeit hinter sich lassen konnte, um ins Erwachsenen-Leben einzusteigen. Er hatte jedoch grosse Mühe, eine geeignete Lehrstelle zu finden. Mit temporären Einsätzen bei Baufirmen konnte er sich finanziell über Wasser halten. Damals verbrachte Fabio sehr viel Zeit mit seinen Kameraden. So kam er erstmals in Kontakt mit Alkohol und Cannabis. In Zeiten, in denen Fabio zu Hause war, gab es oft Streit mit seinem Vater. Fabio wurde von ihm häufig als faul und Schmarotzer hingestellt. Die Mutter hingegen war sehr besorgt um ihren Sohn und schaffte es nach mehrmaligen Versuchen ihn zu überreden, die Hilfe der Berufsberatung anzunehmen.
Mit der Hilfe der dort arbeitenden Psychologin, welche sich sehr für den beruflichen Einstieg von Fabio einsetzte, gelang es ihm, eine Lehrstelle als Maler zu bekommen. Mit dem gesteigerten Engagement für die Arbeit liess auch der Kontakt zu seinen arbeitslosen Freunden und den Drogen nach. Er fühlte sich wohl in seiner Stelle und hatte einen guten Draht zum Chef, welcher sehr viel Potential in Fabio sah.
Nach dem ersten Lehrjahr hatte Fabio jedoch zunehmend Mühe, sich auf den zu lernenden Stoff zu konzentrieren. Durch zunehmendes Gedankenkreisen über ein mögliches Nicht-Bestehen der anstehenden Prüfungen, wurde auch nachts das Einschlafen öfters zum Problem. Er wurde zunehmend energielos und antriebslos, hatte immer mehr Mühe, die Lehre durchzuhalten.
Die Folge war, dass Fabio die Prüfungen nicht bestand und das 2. Lehrjahr wiederholen musste. Sein Vater war darüber nicht sehr erfreut und reagierte wiederum feindselig und mit Ablehnung. In seinem Kummer allein gelassen, zog sich Fabio vermehrt aus dem Familienleben zurück und nahm wieder Kontakt auf mit seinen alten Freunden.
Bei der Arbeit nahmen seine Konzentration und somit auch seine Leistungsfähigkeit stetig ab.
Nachdem er wieder angefangen hatte, vermehrt Cannabis zu konsumieren, fiel ihm immer wieder auf, wie sich die Maler-Farben bei der Arbeit veränderten. Vor allem rote Farben wirkten auf ihn häufig viel intensiver und scheinen z.T. wie zu dampfen.
Im weiteren Verlauf entwickelte er auch verstärktes Misstrauen gegenüber seinem Lehrmeister. Er hatte das Gefühl, dass dieser ihm seine Gedanken mit roter Farbe anmalen würde und somit bestimmen könne, was er denkt. Er zog sich daraufhin auch immer stärker von seinen Freunden zurück. In manchen Momenten kam es auch vor, dass Fabio die Stimme seines Vaters oder die seines Lehrmeisters hörte, obwohl keiner im Raum war. Sie sagten etwa, dass er lernen müsse.
Kurz nach seinem 18. Geburtstag hörte Fabio dann erstmals von dem Begriff „Psychose“. Seine Mutter hatte sich mit ihrem Hausarzt beraten, der andeutete, dass es sich bei Fabios Problem um eine Psychose handeln könnte. Fabio und seine Mutter stellten sich daraufhin in unserer Früherkennungssprechstunde vor.
*Name geändert